Geschichtsbild

Daniel N. Chodowiecki, „Eine Schulmeisterstube“, 1791. Ein Lehrer erläutert unwissenden Kindern den Sündenfall als Beginn der menschheitlichen Unheilsgeschichte. Im Hintergrund bekämpft der Erzengel Michael den Teufel in Drachengestalt und stößt ihn hinab auf die Erde. (Quelle: Herzog Anton Ulrich-Museum, CC BY-NC-ND 4.0)

Mythos Modernität? Die Schulreformen der Aufklärung als Teil historischer Meistererzählungen

Benedikt Stimmer

Den großen Schulreformen des ausgehenden 18. Jahrhunderts kommt im öffentlichen Bewusstsein der meisten europäischen Länder ein besonderer Stellenwert zu. Einführung der Schulpflicht, Bildung einer Bürgergesellschaft, Durchsetzung säkularer Staatlichkeit, Schaffung der Nation: Die Topoi erscheinen vielfach austauschbar; zugleich lassen sie die Erziehungsanstrengungen der Aufklärung rückblickend geradezu als Beginn der Moderne erscheinen. Aber lässt sich dieses Bild heute noch aufrechterhalten?

Aufnahme am Sinai (Quelle: pixabay)

Historische Fakten und religiöse Identität, oder: von den zwei Wahrheiten

Gerhard Langer

Das Judentum basiert maßgeblich auf der Überlieferung eines Manns, dessen wahre Identität im Dunkeln bleibt. Das Christentum geht weit weniger auf einen historischen Jesus, als auf findige Interpreten seiner Botschaft zurück, und der Islam wurde von einem Propheten begründet, dessen Leben von vielen Mythen umrankt ist. Wie lässt sich damit umgehen, wenn historische Fakten der religiösen Überlieferung zum Teil entgegenstehen? 

"Der Wanderer (Pilger) am Weltenrand", anonym, 1888, aus: Camille Flammarion, L'Atmosphère: Météorologie Populaire (Paris, 1888), S. 163 (Quelle: wikimedia commons)

Gefälschter Raum, gefälschte Zeit, echte Kunst – Fake, Irrtum, Unterstellung

Martina Pippal

Auch wenn eine gänzlich objektive Geschichtsschreibung nie zu erreichen sein wird, so ist Vorsicht besonders dort geboten, wo sich ein Narrativ, von welcher Seite immer es geformt wird, gänzlich von dem abhebt, was wir heute die Realität – die nach naturwissenschaftlichen Gesetzen funktionierende Welt der sichtbaren Dinge und die faktische Chronologie – bezeichnen.

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Wie kam es im 5. Jahrhundert zum erfundenen Briefwechsel zwischen einem Heiden und einem Christen? Fälschung als Kompromissversuch in Byzanz

Cosimo Paravano

Vorstellungen davon und Erzählungen darüber, wie Christ:innen mit dem Erbe der heidnischen Antike umgingen bzw. aus Sicht ihrer Autoritäten hätten umgehen sollen, gibt es viele und vielfältige – damals wie heute. Ein gefälschter Dialog aus frühbyzantinischer Zeit hatte das Ziel, genau dieses Problem zu glätten.

Bild von Matt Ponesse

Das finstere Mittelalter: Risiken und Nebenwirkungen für die Geisteswissenschaften

Sophie Morawitz

Es gilt als martialische Zeit ungebildeter, abergläubischer Rüpel, die im Dreck stinkender Siedlungen ihr Leben kläglich vor sich hinfristen: das Mittelalter. Dass es sich dabei aber keineswegs um ein wissenschaftlich haltbares Abbild einer historischen Realität handelt, sondern um eine überzeichnete Klischeevorstellung à la Hollywood, ist vielen nicht bewusst.

Das verlorene Vaterland? Politisierung und Missdeutung der Vereinigung Italiens

Maria Stella Chiaruttini

Die Schaffung eines italienischen Nationalstaats im 19. Jahrhundert habe die Italiener:innen nicht verbunden, sondern gespalten. Das behaupten zumindest geschichtsrevisionistische Bewegungen und Denkkreise. Hat uns die offizielle Historiographie bisher die „wahre“ Geschichte tatsächlich verschwiegen?